Buchempfehlung: Yuval Harari: Homo Deus
Buchrezension “Homo Deus - Eine Geschichte von Morgen”
Yuval Noah Harari hat sich in seinem 2016 bei dem Verlag C.H.Beck veröffentlichten Buch “Homo Deus - Eine Geschichte von Morgen” mit der Vergangenheit der Menschen beschäftigt, um somit Prognosen über die Zukunft dieser aufzustellen.
Dabei analysiert er gekonnt die Menschheit und ihre bisherigen Taten. Er beschreibt bestehende Systeme, wie den Kapitalismus oder den Humanismus und zeigt auf, dass sie so nicht mehr lange existieren werden. Er geht aber auch auf unser Bewusstsein, Wahrnehmung, die Seele, Religion, Schmerz, Instinkt, Algorithmen und die moderne Hirnforschung ein. Das Buch verfolgt die Frage “Wo steht der Mensch und wo will er hin?”
Er konfrontiert die Menschheit mit der Wahrheit über sich selbst. Dabei erklärt er sehr detailliert und untermalt seine Argumente mit Beispielen. Im Buch geht es um politische, religiöse und wissenschaftliche Mythen und wie groß ihre Macht war und ist. Harari erörtert außerdem, warum Mythen, wie die Religion aussterben werden: Sie bieten keine Antworten auf moderne Fragen. Für ihn sind sie Geschichten, die menschlichen Gesetzen, Normen und Werten eine übermenschliche Legitimation verschaffen. Sie legitimiert menschliche Gesellschaftsstrukturen, indem sie behauptet, in ihnen würden sich übermenschliche Gesetze widerspiegeln. Somit ist der Kommunismus für ihn auch eine Religion.
Harari erklärt dem Lesenden, was die Menschen so besonders macht: Alleine sind wir schwach, doch unsere Fähigkeit, flexibel und spontan in Gruppen zusammenzuarbeiten macht uns unfassbar stark. Die Menschen entwickeln ein Geflecht aus Gesetzen, Glauben und Orten, welches nur in ihrer gemeinsamen Fantasie existiert. So bilden sie eine Gesellschaft, eine Einheit. Dadurch hat der Mensch es geschafft, größtenteils Hunger sowie Seuchen und Krieg zu bekämpfen. Nun ist der nächste Schritt die Verbesserung des Menschen und das Vermehren von Glück und Freiheit. Homo Sapiens wird die biologischen Grenzen überwinden und göttliche Fähigkeiten erlangen. Wird der Mensch damit seine menschlichen Eigenschaften verlieren? Was bedeutet das für den Homo Sapiens?
Das Buch regt einen stark an, darüber nachzudenken, wer der Mensch ist. Laut Harari geben Menschen sich lieber fanatischen Ideen hin, anstatt zugeben zu müssen, dass sie einen Fehler gemacht haben. Jede menschliche Zusammenarbeit im großen Stil beruht auf unserem Glauben an eine erfundene Ordnung, weil die Welt sonst nur unfair wäre. Außerdem sind wir stark durch unsere Vergangenheit und gesellschaftliche Normen geprägt und sollten uns dieser bewusst werden. Nur so können wir eigene und differenzierte Entscheidungen treffen. Doch wie sieht es mit der Zukunft aus?
Yuval Noah Harari warnt uns vor dem Umgang mit Informationen und wie er Einfluss auf unsere Gesellschaft nimmt. Er nennt den Dataismus. Dieser basiert auf der Vorstellung, dass Daten und Algorithmen die grundlegenden Triebkräfte und wichtigsten Entscheidungsträger der Welt werden. Dabei können diese Daten sehr hilfreich, z.B. beim Verständnis unserer sozialen Probleme sein. Gleichzeitig bieten sie auch Gefahren wie ein großes Machtpotential, welches dadurch entstehen kann. Harari thematisiert unser Bewusstsein. Die Menschheit nimmt an, dass ein Bewusstsein jemanden intelligent macht,
jedoch können unbewusste Algorithmen intelligent sein und werden deshalb unsere Bedürfnisse und Wünsche bald besser kennen, als wir es tun. Er behauptet, dass so der Homo Deus oder andere bessere Spezies mit uns umgehen werden, wenn wir “unnötig” werden. Denn das werden wir. Doch wenn solche Algorithmen dauerhaft mehr leisten als
menschliche Kapitalisten, könnte am Ende eine algorithmische Oberschicht entstehen. Und womit werden sich die Menschen beschäftigen, wenn sie alles haben? Das System wird den Individuen ihre Autorität und Freiheit rauben. Wir erhoffen uns eine bessere Welt zu erschaffen, machen uns damit aber selber nichtig. Aber ist das Leben nur
Datenverarbeitung? Sollten wir es nur darauf reduzieren, weil es uns aktuell den größten Fortschritt bringt?
Das Buch ist sehr gut recherchiert und verweist auf etliche Quellen. Durch die Beispiele kann man sich schwierige Themen gut visualisieren. Er schafft es, Themen, futuristische Ideen und alte Systeme zu erklären und sowohl auf ihre Notwendigkeit, als auch auf ihre Vergänglichkeit aufmerksam zu machen. Außerdem sorgen die richtig und wichtig gesellschaftlich ausgewählten Themen dafür, dass man sehr interessiert weiterliest. Allerdings verwendet Harari oft zu viele Beispiele und kommt dadurch erst recht spät auf seinen Punkt. Die Fakten sind wichtig und untermalen seine Thesen, jedoch wird dadurch oft der Lesefluss durchbrochen und man verliert den Zusammenhang zwischen den Kapiteln. Gerade weil das Buch interessante Gedanken anregt, ist es schade, dass sie dadurch oft ihre Geltung verlieren. Gleichzeitig beweist das Buch sein Recht, gekauft zu werden, da man es immer wieder lesen kann und neue Perspektiven und Punkte entdeckt.
Sein Bezug auf die unterschiedlichsten Themengebiete und Forschungen ist beeindruckend. Er bezieht sich nicht nur auf die wissenschaftlichen Herausforderungen, sondern geht auch auf die dadurch entstehenden Probleme der Politik und Gesellschaft ein. Das Buch wirkt durch den Einbezug jeglicher Themen vollkommen, auch wenn es keine klaren Antworten
auf seine gestellten Fragen gibt. Man ist überwältigt von den Fragen, die durch die künstliche Intelligenz, Biotechnologie und den Aufstieg der Algorithmen aufkommen werden. Gleichzeitig beruhigt das Buch, da man die Geschichte der Menschheit vorgestellt bekommen hat und Veränderungen zu der Natur dazu gehören. Es gibt neue und scheinbar
unendlich große Herausforderungen, denen man sich stellen muss und bisherige Systeme werden sich ändern, aber wenn man sich seiner Geschichte und dem Jetzt bewusst wird, dann ist das nur eine Frage der Handhabung und des drauf Einlassens. Dennoch kann das Buch auch als sehr frustrierend und pessimistisch aufgefasst werden. Darüber hinaus muss man sich dabei bewusst machen, dass es sich hierbei zwar um schlüssige, aber immer noch um Theorien handelt. Große Herausforderungen werden uns aber dennoch erwarten.
Seine Zielgruppe sind alle Menschen, die sachlich über die Zukunft der Gesellschaft und des Menschen philosophieren wollen. Folglich war alles sehr verständlich erklärt. Ich empfehle jedem dieses Buch, da man sich ein sehr gutes Bild der Menschheit und über das Leben allgemein machen kann. Man erlebt die Menschheit neu und gleichzeitig wirkt es sehr
vertraut. Innerhalb von 600 Seiten versinkt man in Wissen und Gedanken und ist sehr stark mit der Welt verbunden, obwohl diese dadurch auch sehr fern wirkt. Diese Erfahrung ist sehr faszinierend. Ich empfehle jedem dieses Buch, der sich seiner Vergangenheit bewusst werden möchte und gerne über die Zukunft philosophiert.
Vanessa (Kl. 12)
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